Sonntag, 9. November 2014

Fußnoten machen Widerrufsbelehrung der Sparkasse unwirksam


Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Az, 6 O 2273/14) hat mit seinem Urteil vom 29.10.2014 die folgende Widerrufsklausel einer regionalen Sparkasse - in Übereinstimmung mitden den Entscheidungen des OLG München vom 21.10.2013 (Az. 19 U 1208/13) und vom OLG Brandenburg vom 17.10.2012 (Az. 4 U 194/11, BeckRS 2013, 10370) - als wirksam eingestuft:
Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2 ohne Angaben von Gründen in Text-form (z.B. Brief, Fax, E-mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist […]“.
Unten im Formular waren zwei Fußnoten abgedruckt:
2 Bitte Frist im Einzelfall prüfen.

Bei der oben genannten Ziffer "2" handelt es sich um eine Fußnote, die auch auf dem Exemplar für den Verbraucher enthalten war.

Zur Begründung führt die 6. Zivilkammer aus:

"Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Finanz-verträge bei Finanzdienstleistungen vom 02.12.2004 (BGBl. I S. 2302) ist der Beklagten verwehrt, weil sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - gegenüber dem Kläger kein Formular verwendet hat, das diesem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht."

Abzuwarten ist, wie das OLG Nürnberg entscheidet, nachdem Rechtsanwältin Carolin Rogoz von der Kanzlei Stenz & Rogoz, Hersbruck mitgeteilt hat, dass die 10. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Az, 10 O 3952/14) die Widerrufsbelehrung in seinem Urteil vom 27.10.2014 als wirksam eingestuft hat.

Montag, 2. Juni 2014

Wann ist ein Sachmangel unerheblich?

Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung vom 28.05.2014 mit der Frage beschäftigt, unter welchen Umständen ein Sachmangel "unerheblich" im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, so dass der Käufer vom Kaufvertrag nicht zurücktreten kann (Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13).

Der Kläger begehrt von dem beklagten Autohaus die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen zum Preis von 29.953 € erworbenen Neuwagen. Nach der Übergabe des Fahrzeugs machte er verschiedene Mängel geltend, unter anderem Fehlfunktionen des akustischen Signals und das völlige Fehlen des optischen Signals der Einparkhilfe. Wegen der Mängel suchte er wiederholt das Autohaus der Beklagten und eine andere Vertragswerkstatt auf und setzte schließlich – erfolglos – in Bezug auf einige Mängel, darunter die Mängel an der Einparkhilfe, eine letzte Frist zur Mängelbeseitigung. Die Beklagte teilte dem Kläger hierauf schriftlich mit, die Einparkhilfe funktioniere nach einem vorangegangenen Nachbesserungsversuch einwandfrei und entspreche dem Stand der Technik. Der Kläger erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit seiner Klage begehrt er die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung, insgesamt 27.257,23 €.
Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens festgestellt, das Fahrzeug sei insoweit mangelhaft, als die Sensoren der Einparkhilfe in falscher Höhe und mit falschem Abstand zueinander eingebaut seien, was dazu führe, dass die Einparkhilfe immer wieder Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgebe. Der Mangelbeseitigungsaufwand betrage gemäß dem Gutachten des Sachverständigen 1.958,85 €. Der Rücktritt sei jedoch gemäß §§ 440, 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Mangelbeseitigungskosten zehn Prozent des Kaufpreises nicht überstiegen und die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung deshalb unerheblich, der Mangel also geringfügig sei. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass bei einem behebbaren Sachmangel die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB im Rahmen der auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden Interessenabwägung in der Regel bereits dann erreicht ist, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet. Von einem geringfügigen Mangel, der zwar den Rücktritt, nicht aber die übrigen Gewährleistungsrechte ausschließt, kann hingegen in der Regel noch gesprochen werden, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand die vorgenannte flexible Schwelle von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt. Eine generelle Erhöhung der Erheblichkeitsschwelle über diesen Prozentsatz hinaus ist mit dem durch den Gesetzeswortlaut und durch die Gesetzesmaterialien klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sowie der Systematik der Rechte des Käufers bei Sachmängeln nicht zu vereinbaren. Die Erheblichkeitsschwelle von (nur) fünf Prozent des Kaufpreises steht im Einklang mit den Vorgaben der EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

Da im vorliegenden Fall bereits für die Beseitigung der vom Berufungsgericht festgestellten Fehlfunktion der Einparkhilfe ein die oben genannte Erheblichkeitsschwelle übersteigender Aufwand in Höhe von 6,5 Prozent des Kaufpreises erforderlich ist und das Berufungsgericht keine besonderen Umstände festgestellt hat, die es rechtfertigten, den Mangel gleichwohl ausnahmsweise als unerheblich anzusehen, ist der vom Kläger erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und der Rechtsstreit zur Feststellung der Höhe der vom Käufer aufgrund des Rücktritts geschuldeten Nutzungsentschädigung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Quelle: BGH Pressemitteilung.

Dienstag, 13. Mai 2014

BGH entscheidet endlich über Bearbeitungsentgelte

Heute hat der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in zwei im wesentlichen Punkt parallel gelagerten Revisionsverfahren entschieden, dass vorformulierte Bestimmungen über ein Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind.

Im Verfahren XI ZR 405/12 (vgl. dazu die Pressemitteilungen Nrn. 36/2013 und 3/2014) macht der klagende Verbraucherschutzverein gegenüber der beklagten Bank im Wege der Unterlassungsklage die Unwirksamkeit der im Preisaushang der Beklagten für Privatkredite enthaltenen Klausel

"Bearbeitungsentgelt einmalig 1%"

geltend. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen.

Im Verfahren XI ZR 170/13 (vgl. dazu die Pressemitteilungen Nrn. 176/2013 und 199/2013) begehren die Kläger als Darlehensnehmer von der beklagten Bank aus ungerechtfertigter Bereicherung die Rückzahlung des von der Beklagten beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags berechneten Bearbeitungsentgelts. Die Parteien schlossen im März 2012 einen Online-Darlehensvertrag. Dazu hatten die Kläger die von der Beklagten vorgegebene und auf deren Internetseite eingestellte Vertragsmaske ausgefüllt, die u. a. folgenden Abschnitt enthielt:

"Bearbeitungsentgelt EUR

Das Bearbeitungsentgelt wird für die Kapitalüberlassung geschuldet. Das Entgelt wird mitfinanziert und ist Bestandteil des Kreditnennbetrages. Es wird bei der Auszahlung des Darlehens oder eines ersten Darlehensbetrages fällig und in voller Höhe einbehalten."

Die Höhe des Bearbeitungsentgelts war von der Beklagten sodann mit 1.200 € berechnet und in das Vertragsformular eingesetzt worden. Die auf Rückzahlung dieses Betrages nebst entgangenem Gewinn, Verzugszinsen und Ersatz der Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage ist - bis auf einen kleinen Teil der Zinsen - ebenfalls in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen.

In beiden Verfahren hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Revisionen der beklagten Kreditinstitute zurückgewiesen. Die jeweils in Streit stehenden Bestimmungen über das Bearbeitungsentgelt unterliegen der gerichtlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB* und halten dieser - wie die Berufungsgerichte zutreffend entschieden haben - nicht stand.

Wie in der Parallelsache XI ZR 405/12 handelt es sich auch bei der im Verfahren XI ZR 170/13 streitgegenständlichen Regelung um eine - von der beklagten Bank gestellte - Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 307 BGB. Dafür ist ausreichend, wenn das Entgelt, wie dies hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beim Abschluss der Online-Darlehensverträge der Fall war, zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte "im Kopf" des Kreditinstituts als Klauselverwender gespeichert ist, anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrages errechnet und sodann in ein Leerfeld in der Vertragsurkunde eingesetzt wird.

Die beiden beanstandeten Entgeltklauseln stellen ferner keine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfreien Preisabreden, sondern vielmehr der Inhaltskontrolle zugängliche Preisnebenabreden dar. Ausgehend von der jeweils ausdrücklichen Bezeichnung als "Bearbeitungsentgelt" haben die Berufungsgerichte aus der maßgeblichen Sicht eines rechtlich nicht gebildeten Durchschnittskunden rechtsfehlerfrei angenommen, die beklagten Banken verlangten ein zusätzliches Entgelt zur Abgeltung ihres Bearbeitungsaufwandes im Zusammenhang mit der Kreditgewährung und der Auszahlung der Darlehensvaluta; dass im Verfahren XI ZR 170/13 ausweislich des Darlehensvertrages das Bearbeitungsentgelt für die "Kapitalüberlassung" geschuldet wird, steht dem bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung nicht entgegen.

Gemessen hieran ist das Bearbeitungsentgelt weder kontrollfreie Preishauptabrede für die vertragliche Hauptleistung noch Entgelt für eine Sonderleistung der Beklagten. Beim Darlehensvertrag stellt der gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB** vom Darlehensnehmer zu zahlende Zins den laufzeitabhängigen Preis für die Kapitalnutzung dar; aus Vorschriften des Gesetzes- und Verordnungsrechts - insbesondere soweit darin neben Zinsen von "Kosten" die Rede ist - ergibt sich nichts Abweichendes. Mit einem laufzeitunabhängigen Entgelt für die "Bearbeitung" eines Darlehens wird indes gerade nicht die Gewährung der Kapitalnutzungsmöglichkeit "bepreist". Das Bearbeitungsentgelt stellt sich auch nicht als Vergütung für eine sonstige, rechtlich selbständige, gesondert vergütungsfähige Leistung der Beklagten dar. Vielmehr werden damit lediglich Kosten für Tätigkeiten (wie etwa die Zurverfügungstellung der Darlehenssumme, die Bearbeitung des Darlehensantrages, die Prüfung der Kundenbonität, die Erfassung der Kundenwünsche und Kundendaten, die Führung der Vertragsgespräche oder die Abgabe des Darlehensangebotes) auf die Kunden der Beklagten abgewälzt, die die Beklagten im eigenen Interesse erbringen oder auf Grund bestehender eigener Rechtspflichten zu erbringen haben.

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle halten die streitigen Klauseln nicht stand. Sie sind vielmehr unwirksam, weil die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts für die Bearbeitung eines Verbraucherdarlehens mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB haben die Beklagten anfallende Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins zu decken und können daneben kein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt verlangen. Gründe, die die angegriffenen Klauseln bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung gleichwohl als angemessen erscheinen lassen, haben die Beklagten weder dargetan noch sind solche ersichtlich. Insbesondere vermögen bankbetriebswirtschaftliche Erwägungen die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nicht zu rechtfertigen, zumal mit einem laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelt in Verbraucherdarlehensverträgen nicht bloß unerhebliche Nachteile für die Kunden bei der Vertragsabwicklung verbunden sind.

Verfassungsrechtliche Erwägungen stehen der Annahme, Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien unwirksam, ebenso wenig entgegen wie das Unionsrecht einem AGB-rechtlichen Verbot formularmäßig erhobener Bearbeitungsentgelte Grenzen setzt.

Im Verfahren XI ZR 170/13 hat der XI. Zivilsenat - insoweit über den Streitstoff der der Parallelsache XI ZR 405/12 zugrunde liegenden Unterlassungsklage hinausgehend - weiter ausgeführt, dass der dortigen Beklagten auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung des nicht wirksam vereinbarten Bearbeitungsentgelts gegen die Kläger zugebilligt werden kann. Zudem ist der im Verfahren XI ZR 170/13 streitgegenständliche Bereicherungsanspruch der dortigen Kläger nicht gemäß § 814 Fall 1 BGB*** ausgeschlossen.

Urteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12

Urteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 170/13

(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshof vom 13.05.2014)

 

Freitag, 2. Mai 2014

BGH zur Beratungspflicht von Banken im Bezug auf offene Immobilienfonds

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat hat sich am 29.04.2014 in zwei Verfahren mit der Haftung einer Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds befasst.

Die klagenden Anlegerinnen erwarben in beiden Verfahren im März 2008 (XI ZR 477/12) bzw. im Juli 2008 (XI ZR 130/13) nach Beratung durch die beklagte Bank jeweils Anteile an einem offenen Immobilienfonds. Die Fondsgesellschaft setzte im Oktober 2008 die Rücknahme der Anteile gemäß § 81 InvG a.F.* (nunmehr § 257 KAGB**) aus. Die Klägerinnen wurden in beiden Fällen in den Beratungsgesprächen nicht auf das Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme hingewiesen. Sie beanspruchen im Wege des Schadensersatzes das investierte Kapital unter Abzug eines erzielten Veräußerungserlöses (XI ZR 477/12) bzw. erhaltener Ausschüttungen (XI ZR 130/13) zurück.

Eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds empfiehlt, muss den Anleger ungefragt über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklären. Kennzeichnend für regulierte Immobilien-Sondervermögen ist, dass die Anleger gemäß § 37 InvG aF (nunmehr § 187 KAGB) ihre Fondsanteile grundsätzlich jederzeit liquidieren, d. h. zu einem im Gesetz geregelten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft zurückgeben können.

Die in § 81 InvG aF geregelte Möglichkeit, die Anteilsrücknahme auszusetzen, stellt dementsprechend ein während der gesamten Investitionsphase bestehendes Liquiditätsrisiko dar, über das der Anleger informiert sein muss, bevor er seine Anlageentscheidung trifft. Ob eine Aussetzung der Anteilsrücknahme zum Zeitpunkt der Beratung vorhersehbar oder fernliegend ist, spielt für die Aufklärungspflicht der Bank keine Rolle.

Anleger können ihre Anteile an einem offenen Immobilienfonds zwar auch während einer Aussetzung der Anteilsrücknahme weiterhin an der Börse veräußern. Dies stellt angesichts der dort möglichen Beeinflussung des Preises durch spekulative Elemente aber kein Äquivalent zu der Möglichkeit dar, die Anteile zu einem gesetzlich geregelten Rücknahmepreis an die Fondsgesellschaft zurück zu geben.

Auf die Frage, ob eine Aussetzung der Anteilsrücknahme den Interessen der Anleger dient, kommt es für die Aufklärungspflicht der Bank nicht an. Die vorübergehende Aussetzung der Anteilsrücknahme soll der Gefahr einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Verwertung des Fondsvermögens in einer Krisensituation vorbeugen. Da die Aussetzung jedoch dem Liquiditätsinteresse der Anleger entgegensteht, ist hierüber vor der Anlageentscheidung aufzuklären.

Da das Berufungsgericht in der Sache XI ZR 477/12 zu den Fragen, ob die Klägerin durch eine schriftliche Kundeninformation zeitnah über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme informiert wurde und ob die zu unterstellende Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten für die Anlageentscheidung der Klägerin ursächlich war, keine abschließenden Feststellungen getroffen hat, war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshof vom 29.04.2014)

Urteil vom 29. April 2014 – XI ZR 477/12

LG Chemnitz – Urteil vom 27. Februar 2012 – 7 O 780/11

OLG Dresden – Urteil vom 15. November 2012 – 8 U 512/12

(veröffentlicht: WM 2013, 363)

und

Urteil vom 29. April 2014 – XI ZR 130/13

LG Frankfurt am Main – Urteil vom 7. November 2011 – 2-19 O 170/11

OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 13. Februar 2012 – 9 U 131/11

(veröffentlicht: BKR 2013, 290)

Karlsruhe, den 29. April 2014

* § 81 InvG a.F. (in der bis zum 7. April 2011 gültigen Fassung)

Verlangt der Anleger, dass ihm gegen Rückgabe des Anteils sein Anteil am Immobilien-Sondervermögen ausgezahlt wird, so kann die Kapitalanlagegesellschaft die Rückzahlung bis zum Ablauf einer in den Vertragsbedingungen festzusetzenden Frist verweigern, wenn die Bankguthaben und der Erlös der nach § 80 Abs. 1 angelegten Mittel zur Zahlung des Rücknahmepreises und zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung nicht ausreichen oder nicht sogleich zur Verfügung stehen. Reichen nach Ablauf dieser Frist die nach § 80 Abs. 1 angelegten Mittel nicht aus, so sind Vermögensgegenstände des Sondervermögens zu veräußern. Bis zur Veräußerung dieser Vermögensgegenstände zu angemessenen Bedingungen, längstens jedoch ein Jahr nach Vorlage des Anteils zur Rücknahme, kann die Kapitalanlagegesellschaft die Rücknahme verweigern. Die Jahresfrist kann durch die Vertragsbedingungen auf zwei Jahre verlängert werden. Nach Ablauf dieser Frist darf die Kapitalanlagegesellschaft Vermögensgegenstände des Sondervermögens beleihen, wenn das erforderlich ist, um Mittel zur Rücknahme der Anteile zu beschaffen. Sie ist verpflichtet, diese Belastungen durch Veräußerung von Vermögensgegenständen des Sondervermögens oder in sonstiger Weise abzulösen, sobald dies zu angemessenen Bedingungen möglich ist. Belastungen und ihre Ablösung sind der Bundesanstalt unverzüglich anzuzeigen.

** § 257 KAGB

(1) Verlangt der Anleger, dass ihm gegen Rückgabe des Anteils sein Anteil am Immobilien-Sondervermögen ausgezahlt wird, so hat die AIF-Kapitalverwaltungs-gesellschaft die Rücknahme der Anteile zu verweigern und auszusetzen, wenn die Bankguthaben und der Erlös der nach § 253 Absatz 1 angelegten Mittel zur Zahlung des Rücknahmepreises und zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung nicht ausreichen oder nicht sogleich zur Verfügung stehen. Zur Beschaffung der für die Rücknahme der Anteile notwendigen Mittel hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Vermögensgegenstände des Sondervermögens zu angemessenen Bedingungen zu veräußern.

(2) … (4)

*** § 37 InvG a.F. (in der bis zum 7. April 2011 gültigen Fassung)

(1) Jeder Anleger kann verlangen, dass ihm gegen Rückgabe des Anteils sein Anteil an dem Sondervermögen aus diesem ausgezahlt wird; die Einzelheiten sind in den Vertragsbedingungen festzulegen.

(2) … (3)

**** § 187 KAGB

(1) Die Anleger des übertragenden Sondervermögens und des übernehmenden Sondervermögens oder EU-OGAW haben das Recht, von der Kapitalverwaltungsgesellschaft Folgendes zu verlangen:

1.die Rücknahme ihrer Anteile ohne weitere Kosten, mit Ausnahme der Kosten, die zur Deckung der Auflösungskosten einbehalten werden, oder

2. …

(2) … (3)

 

Dienstag, 15. April 2014

Haftung von Vorstandsmitgliedern einer AG für Prospektfehler

Zur Verantwortlichkeit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft für Prospektfehler hat das Landgericht Nürnberg-Fürth in einem Urteil vom 27.03.2014 (Az.: 6 O 5383/13) ausgeführt:

Die Beklagten haften für den fehlerhaften Prospekt gemäß § 13 VerkProspG a.F. i.V.m. § 44 Abs. 1 BörsG a.F.

1.
Die Prospektverantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder ergibt sich nicht daraus, dass sie gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben. Anknüpfungspunkt der Haftung ist namentlich nicht, dass die Beklagten auf S. 160 den Abschnitt "Verantwortlichkeit", der der Vorschrift des § 5 Abs. 4 WpPG Rechnung trägt, unterschrieben haben. Denn sie handelten nach dem unmissverständlichen Wortlaut nicht in eigenem Namen und übernahmen damit nicht persönlich Verantwortung. Es handelt sich um eine Erklärung der Emittentin, die eben allein durch die Vorstandsmitglieder handlungs- bzw. artikulationsfähig ist. So heißt es auszugsweise:

"Die Emittentin, vertreten durch den Vorstand [.] die Herren [.] übernimmt gemäß § 5 Abs. 4 Wertpapierprospektgesetz die Verantwortung für den Inhalt des Prospekts."

Diese am Wortlaut orientierte Auslegung steht auch im Einklang mit den Ausführungen im Entwurf zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz aus dem Jahr 1997 (BT-Drs. 13/8933, S. 78). Dort sind mit Blick auf die Verantwortlichen gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BörsG - neben den die Emission begleitenden Instituten - der Emittent als "Unterzeichner des Prospekts" genannt. Dementsprechend dürfte auch in der Literatur zu der Verantwortlichkeitsklausel des § 5 Abs. 4 WpPG einhellige Meinung sein, dass die Vorstandsmitglieder der Anbieter nicht zum Adressatenkreis gehören (vgl. etwa Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VerkProspG, 2. Aufl. 2010, § 5 WpPG Rn. 45).

2.
Die Beklagten haften jedoch gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a.F. (i.V.m. § 13 VerkProspG a.F.) persönlich, weil der Erlass der Prospekt von ihnen ausging.

Inwieweit Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft für Prospektfehler persönlich haften, ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich bislang nicht entschieden. Die Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung, weil die Beklagten nach den beiden hierzu vertretenen Ansichten haften:

2.1
Zahlreiche Stimmen in der Literatur treten dafür ein, für den Begriff des Prospektveranlassers im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a.F. die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Prospekthaftung im engeren Sinne zu übernehmen (so ausdrücklich Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2010, Rn. 12.178; Fleischer, BKR 2004, 339, 344; wohl im Ergebnis ebenfalls Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, a.a.O., § 13 VerkProspG Rn. 74).

Der BGH hatte - im Zusammenhang mit dem Beitritt von Anlegern zur sog. Publikums-KG - die persönliche Verantwortlichkeit im Rahmen der Prospekthaftung im engeren Sinne auf Initiatoren und Gründer, die "das Management bilden oder beherrschen" (NJW 1978, 1625; 1981, 1449, 1450) entwickelt. Später sprach er auch von "Gestaltern der Gesellschaft" (NJW 1982, 1514; NJW 1995, 1025). Als Anknüpfungspunkt genügte dem BGH die Tatsache, dass diese Personen für die "Geschicke der Gesellschaft" und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich waren (BGH, a.a.O.). Daneben betonte der BGH immer, dass auch Personen, die hinter der Komplementär-GmbH und der Publikums-KG standen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss in der Gesellschaft ausübten, Mitverantwortung tragen müssten (NJW 1981, 1449, 1450; 1982, 1514).

Für die von der Literatur vertretene Ansicht, die bisherige Rechtsprechung auch bei der gesetzlichen Prospekthaftung zu beachten, spricht der bereits oben benannte Gesetzentwurf, wonach die Bestimmung der Prospektverantwortlichkeit "in Übereinstimmung mit der bereits geltenden Rechtslage" erfolgen soll (a.a.O., S. 78).

Demnach wären die Beklagten als Vorstandsmitglieder der Emittentin und damit (Mit-)Gestalter der Gesellschaft grundsätzlich als haftende Prospektveranlasser gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG anzusehen. Dabei verkennt die Kammer die gesellschaftsrechtlichen Unterschiede nicht: Die Rechtsprechung des BGH erging zur Publikums-KG, also einer Personengesellschaft, bei der der Komplementär als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft - getreu dem im Personengesellschaftsrecht geltenden Grundsatz der Selbstorganschaft - selbst Gesellschafter ist, wogegen die AG eine Körperschaft ist und das Vorstandsmitglied einer AG nicht zwingend deren Mitglied sein muss.

2.2
Nach der Gegenansicht ist der Begriff des Prospektveranlassers im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG enger auszulegen. Verantwortlich sind demnach die tatsächlichen Urheber des Prospekts, die ein "eigenes wirtschaftliches Interesse" an der Emission hegen (vgl. u.a. Oulds in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rz. 15.210). Ähnlich benennt der BGH (Urteil vom 18.09.2012, XI ZR 344/11; zur Haftung des Mehrheitsgesellschafters einer Konzernmuttergesellschaft) als Verantwortliche im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG diejenigen, die - neben entsprechenden Einflussmöglichkeiten - ein "eigenes wirtschaftliches Interesse" an der Emission haben. Dann, so der BGH weiter, sei ausschlaggebend, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht wurde; nicht entscheidend sei, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospekts gegeben sei. Auch der BGH nimmt auf den bereits benannten Gesetzentwurf Bezug, in dem es weiter heißt, dass es sich bei den Prospektveranlassern "typischerweise" um Personen handelt, die an der Emission ein eigenes wirtschaftliches Interesse haben.

Auch nach dieser Maßgabe wären die Beklagten gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG verantwortlich: Als Vorstandsmitglieder verfügten sie unproblematisch über den geforderten Einfluss. Auch das zusätzliche wirtschaftliche Eigeninteresse ist gegeben. Der Vorstand ist - gleichsam naturgemäß- an der erfolgreichen Emission schon interessiert, um das Vorstandsamt mit entsprechenden Bezügen weiter ausüben zu können und eine (vorzeitige) Abberufung durch den Aufsichtsrat nicht fürchten zu müssen. Unerheblich bleibt damit, ob das Vorstandsmitglied darüber hinausgehend noch weiter an der erfolgreichen Platzierung partizipiert, etwa durch vertraglich zugesicherte Boni o.ä.

Donnerstag, 27. März 2014

Unzulässige Bearbeitungsgebühren bei Darlehensverträgen

Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von sog. Bearbeitungsgebühren ist nach wie vor in Deutschland sehr gespalten. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat in einem Berufungsurteil vom 27.01.2014 (Az.: 6 S 3714/13) entschieden, dass Bearbeitungsgebühren als allgemeine Geschäftsbedingung und sog. Preisnebenabrede zu qualifizieren sei. Als solche halte sie einer Kontrolle nicht stand. Zur Begründung stützt sich das Landgericht Nürnberg-Fürth hauptsächlich auf den vielbeachteten Aufsatz von Schmieder (WM 2012, 2358). Schwerpunkt des Urteils sind jedoch die Ausführungen zur Verjährungssituation. Hierzu führt das Landgericht u.a. aus:

"Nach Ansicht des Gerichts bestand jedoch bis zum Aufsatz von Nobbe in der WM vom 02.02.2008 keine unklare Rechtslage. Vielmehr wurden bis dahin Bearbeitungsentgelte von der Rechtsprechung als zulässig angesehen (vgl. Nachweise bei Billing, WM 2013, 1777, 1777 f.). In seinem Aufsatz stellte Nobbe, der zu dem Zeitpunkt Vorsitzender des Bankenrechtssenats des BGH war und als solcher im Aufsatz auch benannt wurde, Bearbeitungsentgelte nunmehr aber als AGB-rechtlich unzulässig dar (WM 2008, 185, 193 f.). Die Folge war, dass ab diesem Zeitpunkt selbst für einen rechtskundigen Dritten, sprich Rechtsanwalt,  nicht mehr klar war, ob eine Klage auf Rückzahlung von gezahlten Bearbeitungsentgelten im Hinblick auf die alte Rechtsprechung keine Aussicht auf Erfolg haben würde oder aber vor dem Hintergrund der neuen Haltung des Vorsitzenden des Bankenrechtssenats potentiellen Mandanten zu empfehlen war. Die Rechtslage wurde damit unsicher und zweifelhaft, was in entsprechender Anwendung des oben dargelegten Rechtsgedanken zwar zu keinem hinausgeschobenen Verjährungsbeginn, wohl aber zu einer Verjährungshemmung führte.

Vor dem Aufsatz von Nobbe haben sich Kreditinstitute aufgrund der unzweideutigen Haltung der Rechtsprechung darauf einstellen können, von Anlegern (zumindest nach Ablauf der Regelverjährungsfrist) nicht zur Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten in Anspruch genommen werden zu können. Diese Rechtssicherheit wurde ihnen – um es mit den Worten Billings (a.a.O., S. 1778) auszudrücken – „gewissermaßen schlagartig“ durch die Veröffentlichung des Aufsatzes des Vorsitzenden des Bankenrechtssenats genommen. Ab diesem Zeitpunkt war ihnen klar, dass sich die Rechtsprechung ändern könnte. Sie konnten und durften sich mithin nicht mehr darauf einstellen, dass mit dem regulären Ablauf der Verjährungsfrist mit keinen Rückforderungen von Kundenseite mehr zu rechnen sei. Von einem vorsichtigen und vorausschauenden Kreditinstitut hätte vielmehr erwartet werden können, seine Kreditgebührenpraxis kritisch zu hinterfragen, wenn nicht gar Rückstellungen für mögliche Rückforderungen zu tätigen.

Der von der Beklagten gezogene Vergleich zu den Urteilen des BGH vom 15.06.2010 (NJW-RR 2010, 1574) und vom 26.09.2012 (Az.: VIII ZR 249/11; zitiert nach BeckRS 2012, 21994) geht daher fehl, da die zugrunde liegenden Sachverhalte unterschiedlich sind: In seinem Urteil vom 15.06.2010 hat der BGH klargestellt, dass eine Verjährung anzunehmen sei, weil im streitgegenständlichen Vertrag – anders als es das Berufungsgericht annahm – gerade keine Lücke bestanden habe (NJW-RR 2010, 1574, 1575). Mit der unsicheren Rechtslage in Bezug auf die Behandlung von Bearbeitungsgebühren hat der entschiedene Fall mithin nichts zu tun. Im Urteil vom 26.09.2012 begründet der BGH, dass bereits aufgrund seiner älteren Rechtsprechung einem rechtskundigen Dritten hätte klar werden müssen, dass die streitgegenständliche Klausel einer AGB-Kontrolle nicht standhalten würde (BeckRS 2012, 21994, Rz. 47). Die neue (zu erwartende) Haltung des BGH zur Frage der Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten lässt sich aber aus dessen alter Rechtsprechung gerade nicht ableiten.

Nicht zu folgen ist der Begründung des OLG Brandenburg in seinem bereits oben angesprochenen Urteil vom 11.12.2013 (Az.: 4 U 83/13; zitiert nach BeckRS 2013, 22390), die zusammengefasst lautet: Weil 2010 viele Kunden Klage gegen ihre Bank erhoben haben, war die Klageerhebung insgesamt zumutbar. Die Argumentation ist induktiv. Vergegenwärtigt man sich außerdem die Prozessrisiken im Zusammenhang mit Rückforderungsklagen, wird deutlich, dass die Klageerhebung tatsächlich unzumutbar war: So belaufen sich etwa im vorliegenden Fall die Prozessrisiken bei einem Streitwert von 1.451,00 € für die 1. Instanz auf 867,36 € und für die Berufungsinstanz gar auf 1.202,20 € (RVG-Gebühren bis 31.07.2013). Womöglich lag den erhobenen Klagen Rechtsschutz oder eine fehlerhafte anwaltliche Beratung zugrunde. Weswegen die Klagen erhoben wurden, ist letztlich Spekulation und kann über die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit keine Aufschlüsse liefern. Entgegenzutreten ist auch der Ansicht des LG Bonn im oben angesprochenen Urteil vom 11.07.2013 (Az.: 8 S 91/13; zitiert nach BeckRS 2013, 15194), das lediglich die negative Definition enthält, wann eine Rechtslage nicht schwierig und verwickelt ist. Dem Amtsgericht Mannheim (Az.: 3 C 465/12; zitiert nach BeckRS 2013, 04368) ist zwar beizupflichten, dass eine unter verschiedenen OLG streitige Rechtsfrage nicht per se zu einem Aufschub des Verjährungsbeginns führen kann. Tatsächlich geht es vorliegend jedoch – wie ausgeführt – um eine Unklarheit ausgelöst vom BGH bzw. eines seiner Vorsitzenden selbst.

Das Gericht kommt damit zu dem Ergebnis, dass der Verjährungsbeginn zwar nicht von Anfang an herausgeschoben wurde, sondern bis zur Publikation des Aufsatzes von Nobbe lief. Seit der Veröffentlichung des Aufsatzes am 02.02.2008 wurde sie jedoch gehemmt. Eine Beendigung der Hemmung ist frühestens 2011 eingetreten, als klar wurde, dass die obergerichtliche Rechtsprechung der Auffassung Nobbes folgte.

Die Notwendigkeit Rechtsfrieden zu schaffen, steht der skizzierten Rechtsauffassung des Gerichts nicht entgegen. Rechtsfrieden tritt im Hinblick auf § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB spätestens zehn Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages ein. Diese Frist ist den Kreditinstituten auch zumutbar, nachdem ihnen mit der Sonderhemmungsvorschrift des § 497 Abs. 3 S. 3 BGB eine ebenfalls 10jährige Frist zur Seite steht."