Dienstag, 27. März 2012

Unterlassene Sichtprüfung durch Kfz-Händler; Arglist

Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Kfz-Händler seine Gebrauchtfahrzeuge nicht ohne jegliche Kontrol-le verkaufen (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl. 2009, Rdnr. 1905 m.w.N.). Konkret hat der Händler jedes Fahrzeug einer fachmännischen äußeren Besichtigung (Sichtprüfung) zu unterziehen (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1921). Die äußere Besichtigung umfasst den gesamten optischen Bereich, d.h. die Karosserieaußenflächen, Reifen, Felgen und Fahrzeugunterseite (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1922). Auch die Bremsanlage ist zumindest einer Sichtprüfung zu unterziehen (OLG Hamm, DRR 2000, 119). Die Besichtigung hat sich auf die Fahrgastzelle, den Motorraum und den Kofferraum einschließlich Radhauswände, Feder- oder Dämpferabstützungen zu erstrecken (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1925). Der Motor ist einer bloßen Sichtprüfung mit Kennerblick und Auswertung der Fahrzeugpapiere und des allgemeinen Erfahrungswissens zu unterziehen (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1926). Zu einer sorgfältigen Gebrauchtwagenzustandsermittlung gehört auch eine Funktionsprüfung der wesentlichen Aggregate (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1926).
Ein Verstoß gegen diese obliegende Untersuchungspflicht als Gebrauchtwagenhändler ist zumindest dann einem arglistigen Verschweigen eines Mangels gleichzusetzen, wenn der Käufer nicht darüber aufgeklärt wird, dass der Verkäufer den verkauften Pkw allenfalls einer ganz oberflächlichen Sichtprüfung unterzogen hat, die nicht gewährleistet, dass etwaige Mängel hätten erkannt werden können (OLG Köln NJOZ 2001, 1679, 1680).

Der Beweiswert von Urkunden

Welchen Beweiswert haben Urkunden (d.h. z.B. unterschriebene Verträge, Quittungen etc.)? Diese praxisrelevante Frage hat der BGH wie folgt beantwortet (NJW-RR 1993, 1379, 1380):

"Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben sind, vollen Beweis nur dafür, daß die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind (§ 416 ZPO); dies setzt nach § 420 ZPO die Vorlage der Urschrift voraus. Diese Beweisregel erstreckt sich nicht auf den Inhalt der niedergelegten Erklärungen. Ob die in der Privaturkunde enthaltenen Angaben - auch über die Zeit der Ausstellung - zutreffen, ob insbesondere ein in der Urkunde bestätigtes Rechtsgeschäft zustande gekommen ist und welchen Inhalt es hat, unterliegt der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung (RGZ 16, RGZ Band 16 Seite 436 (RGZ Band 16 Seite 438); 31, RGZ Band 31 Seite 337 (RGZ Band 31 Seite 339); BGH, NJW 1980, NJW Jahr 1980 Seite 1047 (NJW Jahr 1980 Seite 1048) = LM § ZPO § 435 ZPO Nr. 1; NJW 1986, NJW Jahr 1986 Seite 1438 = LM § ZPO § 38 ZPO Nr. 25 = DB 1986, DB Jahr 1986 Seite 798; NJW-RR 1989, NJW-RR Jahr 1989 Seite 1323 (NJW-RR Jahr 1989 Seite 1324))."

Montag, 26. März 2012

Eigenhaftung eines GmbH-Geschäftsführers

Nach § 311 Abs. 3 S. 1 können Schuldverhältnisse mit Pflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB zwar auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei sind bzw. werden sollen. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung sowie der herrschenden Literatur, dass das allgemeine Interesse des Geschäftsführers oder Gesellschafters am Erfolg seines Unternehmens gerade keine Eigenhaftung begründet (eingehend begründet durch BGH NJW 1994, 2220, 2221; Staudinger-Otto, BGB, Neubearbeitung 2009, § 280 Rand-Nr. B8). Vielmehr müssten besondere Umstände vorliegen, da andernfalls § 13 Abs. 2 GmbHG konterkariert würde (Staudinger-Otto a.a.O.). Der Grundsatz, wonach nur mit Gesellschaftsvermögen gehaftet wird, darf nicht leichtfertig relativiert werden (Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl. 2010, § 13, RdNr. 40). Geprüft werden sollte etwa, ob ein selbständiges Garantieversprechen gegeben ist. Dies ist als Vertrag eigener Art i.S.d. § 305 BGB dadurch gekennzeichnet, dass sich der Garant verpflichtet, für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen und die Gefahr eines künftigen Schadens zu übernehmen (vgl. BGH NJW 1996, 2569, 2570 m.w.N.).

Mittwoch, 21. März 2012

Der PKH-Antrag

Viele Verfahren beginnen mit dem PKH-Antrag, der i.d.R. verbunden ist mit einem Klageentwurf. In diesen Fällen wurde der Gerichtskostenvorschuss noch nicht einbezahlt. Ich stelle den Antrag zunächst einmal - soweit schlüssig - dem Gegner zu. Dieser erhält Gelegenheit zur Stellungnahme (rechtliches Gehör). Mit Ausnahme von sehr umfangreichen Angelegenheiten räume ich nur lediglich eine Frist von 2 Wochen ein. Erst nach Eingang der Stellungnahme kommt es dann zu einer genauen Pruefung. Zuerst sehe ich mir den Klageentwurf und die gegnerische Stellungnahme unter rein rechtlichen Gesichtspunkten kritisch an. Gibt es für das Begehren eine Anspruchsgrundlage und ist eine Beweisaufnahme (Zeuge, Sachverstaendiger) notwendig, ist die erste große Hürde für die Gewährung übersprungen. Erst dann wende ich mich den wirtschaftlichen Verhältnissen zu.

Vorwort

Dies ist ein Blog, der sich an Praktiker (insb. RAe und RA-Fachangestellte) wendet. Er soll einen Einblick geben, wie Gerichte arbeiten.