Montag, 10. Dezember 2012

Die Stellungnahme des Bundesrates zum neuen § 32b ZPO

Bundesrat Drucksache 851/11 S. 41 f.:

§ 32b [ZPO] wird an den Wortlaut von § 1 KapMuG-E angepasst. Beide Vorschriften bilden eine Einheit und sind daher gleichlautend zu formulieren. Somit sind künftig auch Prozesse umfasst, in denen lediglich ein mittelbarer Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation besteht, etwa wenn Anlageberater oder Anlagevermittler ebenfalls mitverklagt sind. Bisher war in diesen Fällen ein gemeinsamer Gerichtsstand nach § 36 ZPO durch das Oberlandesgericht zu bestimmen. In der Praxis hat dies häufig zu einer örtlichen Verteilung von gleich gelagerten Prozessen geführt, was der ursprünglichen Intention des bisherigen § 32b entgegenlief. Wenn sich die Klage nicht zumindest auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft richtet, ist es nicht angemessen, auch in diesen Fällen einen ausschließlichen Gerichtsstand am Ort des Emittenten, des Anbieters oder der Zielgesellschaft vorzusehen. Da sich die Beklagten, zum Beispiel der Anlageberater oder der Anlagevermittler, in vielen Fällen in örtlicher Nähe zum Kläger befinden, wäre eine Verlagerung des Rechtsstreits an einen anderen, unter Umständen weit entfernten Gerichtsort unverhältnismäßig. Die Bündelungsfunktion des KapMuG ermöglicht es, auch solche Verfahren in einem Musterverfahren zusammenzufassen.

Neuer § 32b ZPO ab 01.11.2012

Ab 01.11.2012 gilt eine neue ausschließliche Zuständigkeitsregelung für Klagen im Zusammenhang mit unrichtigen Kapitalmarktinformationen:

§ 32b Ausschließlicher Gerichtsstand bei falschen, irreführenden oder unterlassenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen

(1) Für Klagen, in denen

1.ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation,
2.ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, oder
3.ein Erfüllungsanspruch aus Vertrag, der auf einem Angebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz beruht,
geltend gemacht wird, ist das Gericht ausschließlich am Sitz des betroffenen Emittenten, des betroffenen Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen oder der Zielgesellschaft zuständig, wenn sich dieser Sitz im Inland befindet und die Klage zumindest auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft gerichtet wird.

(2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die in Absatz 1 genannten Klagen einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen, sofern dies der sachlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren dienlich ist. 2Die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

Mittwoch, 28. November 2012

Streitige Übergabe des Emissionsprospekts

Auch ein Anlagevermittler ist regelmäßig zu richtiger und vollständiger Information über die für den Anlageentschluss wesentlichen tatsächlichen Umstände verpflichtet (vgl. nur Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 4, Rn. 22). Zwar trägt nach ständiger Rechtsprechung des BGH derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, dafür die Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache (z.B. Behauptung, dass über Risiken der Anlage nicht oder nicht ausreichend aufgeklärt wurde) verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll (sog. Sekundäre Darlegungslast). Den Anspruchsteller trifft dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (BGH NJW 2009, 3429, 3432). Als Mittel der Aufklärung kann die Aushändigung eines Prospekts genügen, wenn dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die notwendigen Informationen verständlich und wahrheitsgemäß zu vermitteln und rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben wurde (BGH NZG 2009, 471, 472 m.w.N.). Die Anlagevermittler machen es sich häufig leicht und bestreiten, dass die (rechtzeitige) Übergabe des Prospekts nicht erfolgte. Damit werden sie m.E. der sekundären Darlegungslast nicht gerecht.

Donnerstag, 22. November 2012

Anlageberatung: Entgangene Zinsen als Schadensersatz nicht streitwerterhöhend

In einem aktuellen Urteil führt der BGH (NJW 2012, 2446) aus:

"Macht ein Kläger ab dem Zeitpunkt des Eintritts des Verzugs seinen Verzugsschaden in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes geltend, so handelt es sich unzweifelhaft um eine nicht streitwerterhöhende Nebenforderung. Wenn der Kläger statt der gesetzlichen Verzugszinsen oder zusätzlich zu diesen entgangene Anlagezinsen geltend macht, ändert das nichts daran, dass es sich um eine von der Hauptforderung abhängige Nebenforderung handelt."

Dienstag, 20. November 2012

Prozesskostenhilfe (PKH) für einen auswärtigen Rechtsanwalt

Unter Berücksichtigung des BGH-Rechtsprechung (NJW 2004, 2749) zum § 121 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO ist folgender Beiordnungsbeschluss im PKH-Verfahren zu empfehlen (so auch Musielak-Fischer, ZPO, 9. Auflage (2012), § 121, Rn. 18c):

"Die Beiordnung erfolgt, soweit keine höheren Kosten entstehen, als sie bei der Beiordnung eines im Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalts unter zusätzlicher Beiordnung eines wohnortansässigen Verkehrsanwalts entstünden."

Dies bedeutet letztlich, dass die Fahrtkosten bis zu einer 1,0-Gebühr verlangt werden können. Eine - so meine ich - für alle Seiten akzeptable Lösung.

Montag, 5. November 2012

Die Vernehmung des Drittwiderbeklagten als Zeuge?

Das OLG Koblenz (NJW-RR 2003, 283) urteilte am 19.12.2002:

"Nimmt einer von mehreren Berufungsführern sein Rechtsmittel wirksam zurück, steht seiner späteren Vernehmung als Zeuge nicht entgegen, dass er wegen der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung noch Verfahrensbeteiligter ist."

Dies ist m.E. nach auf den in der Praxis häufig anzutreffenden Fall übertragbar, in dem die Klagepartei aus abgetretenem Recht klagt und Drittwiderklage gegen den Zedenten erhoben wird. Wenn Teil-Anerkenntnisurteil gegen den Drittwiderbeklagten ergeht, steht dieser wieder als Zeuge zur Verfügung!

Donnerstag, 20. September 2012

Begründung eines ablehnenden PKH-Beschlusses?

Ein ablehnender PKH-Beschluss ist zu begründen. Zumindest in Bayern entspricht es der Praxis (wohl der Gerichts-Software forumstar geschuldet), dass der Antragsgegner nur eine Ausfertigung des Rumpfbeschlusses (ohne Gründe) zugeleitet bekommt. Er kann jedoch den begründeten Beschluss - zumindest in den Auszügen, die sich nicht auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beziehen - verlangen.

Insofern führt Stackmann in JuS 2006, 233, 236 zu Recht aus: "Werden auch Ausführungen zu den Einkommensverhältnissen der antragstellenden Partei gemacht, scheint es sehr fraglich, ob diese der Gegenseite zugänglich gemacht werden können. Sinnvoll wäre es, einen entsprechenden Beschluss in zwei Teile zu teilen und der Gegenseite nur die Ausführungen zu den fehlenden Erfolgsaussichten des Antrags zugänglich zu machen. Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse könnte es in dieser Ausfertigung heißen, dass der Antrag auch aus weiteren in den mitgeteilten Einkommensverhältnissen liegenden Gründen zurückgewiesen werde, diese würden gem. § 117 Absatz II 2 ZPO nur dem Antragsteller mitgeteilt. Die die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers betreffende Beschlussausfertigung muss dann zum Sonderheft PKH genommen werden."

Montag, 27. August 2012

Gelegenheit zur Stellungnahme bei der Verweisung

Der BGH (NJW 1988, 1794) hat deutlich gemacht, dass für die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses gem. § 281 ZPO erforderlich ist, der gegnerischen Partei Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Diese kann etwa wie folgt formuliert werden:

"Die beklagte Partei erhält zum Verweisungsantrag der Klagepartei vom XXXX Gelegenheit zur Stellungnahme von 2 Wochen. Sollte eine Stellungnahme während dieser Frist nicht eingehen, geht das Gericht davon aus, dass die beklagte Partei einer antragsgemäßen Verweisung des Rechtsstreits im schriftlichen Verfahren nicht widersprochen werden soll."

Übrigens kann der Verweisungsantrag auch hilfsweise erklärt werden.

Dienstag, 17. Juli 2012

Führt eine übereinstimmende Erledigung zu einer Einigungsgebühr?

In der Regel: nein. So führte etwa das OLG Köln am 02.05.2011 (Az.: 17 W 78/11, zitiert in: JurBüro 2011, 526) aus:
"Die Erklärung der Erledigung des Rechtsstreites in der Hauptsache stellt eine bloße Prozesshandlung dar. Selbst wenn beide Parteien eine solche Erklärung übereinstimmend abgeben, wird dadurch lediglich die Rechtshängigkeit des bisher streitigen Anspruches beendet (Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Auflage, § 91 a Rn. 12; Hartmann, Kostengesetze, 41. Auflage, Nr. 1000 VV RVG Rn. 27). Damit geben die Parteien allein zu erkennen - gegebenenfalls nach ausgiebiger Erörterung vor Gericht -, dass sie an einer Sachentscheidung durch das Gericht nicht mehr interessiert sind. Nur wenn die Parteien darüber hinaus eine materiell-rechtliche Regelung treffen, die durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen mit Rechtsbindungswillen - gegebenenfalls auch durch schlüssiges Verhalten - zustande kommt, fällt eine Einigungsgebühr an (OLG Stuttgart FamRZ 2009, 145; OVG Münster NJW 2009, 2840; OLG Köln MDR 2006, 539; JB 2006, 588 = OLGR 2006, 848; FamRZ 2009, 539; Hartmann, a. a. O.; N. Schneider, in: N. Schneider/Wolf, RVG, 5. Auflage, Nr. 1000 VV RVG Rn. 83)."

Mittwoch, 11. Juli 2012

Doppelte Schriftformklausel

Immer noch scheint die alte Rechtsprechung des BGH vom 02.06.1976 zu gelten (BGHZ 66, 378 = NJW 1976, 1395; vgl. auch Palandt-Ellenbeger, BGB, 71. Aufl. 2012, § 125, Rn. 19). Dort führte der BGH aus: "Der Mietvertrag vom 25. 1. 1972 enthält jedoch gegenüber den bisher in der Rechtsprechung behandelten Fällen die Besonderheit, daß die Parteien vereinbart haben, "auf das Formerfordernis" könne "nur durch eine schriftliche Erklärung verzichtet werden" (§ 10 II 2 Mietvertrag). Diese Klausel hat ersichtlich den einzigen Zweck, die Aushöhlung der Schriftformvereinbarung durch Bindung der Vertragspartner an mündliche Erklärungen oder gar an schlüssiges Verhalten unmöglich zu machen. Rechtliche Bedenken gegen eine solche Regelung bestehen dann nicht, wenn sie, wie hier, unter Kaufleuten in einem Individualvertrag getroffen wird. Die Vertragsfreiheit erlaubt ihnen, ihre rechtsgeschäftlichen Beziehungen starr an bestimmte Formen zu binden. Für die hier getroffene Absprache, die Aufhebung der gewillkürten Schriftform solle ebenso, wie ihre Begründung, formbedürftig sein, läßt sich neben anderen Gesichtspunkten als gewichtiger Grund anführen, daß die Vertragsschließenden erkennbar auf Sicherheit in ihren rechts geschäftlichen Beziehungen zueinander entscheidenden Wert gelegt haben, wie sie durch die gewählte Formstrenge gewährleistet wird. Entschließen sich Kaufleute, denen das Gesetz bei der Abgabe bestimmter Willenserklärungen in stärkerem Maße Formfreiheit zugesteht als anderen Teilnehmern am privaten Rechtsverkehr (§ 350 HGB), in dieser Hinsicht zu freiwilliger Bindung, weil der damit verbundene Vorteil, immer Klarheit über den Inhalt von Verträgen zu haben, den Nachteil einer weniger großen Beweglichkeit im geschäftlichen Alltag aufwiegt, so verdient das gerade im Hinblick auf die Vertragsfreiheit strikte Beachtung. Für die Führung eines Unternehmens - wie der Bekl. - mit einem weitverzweigten Netz von Einzelhandelsgeschäften, die nicht in eigenen Gewerberäumen betrieben werden, mag dieser Gesichtspunkt von nicht unerheblicher Bedeutung sein."

Mittwoch, 27. Juni 2012

§ 10 AGB des Quelle BaufiQuick ist wirksam

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat über die Wirksamkeit von § 10 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Tarif Q6 befinden müssen ("Mit Beginn der Darlehensauszahlung wird eine Dalehensgebühr in Höhe von 2,0 vom Hundert des Bauspardarlehens fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen") und festgestellt, dass die Regelung gesetzeskonform ist (Beschluss vom 24.04.2012, Az.: 6 S 292/12).

Mittwoch, 16. Mai 2012

Deklaratorisches Schuldanerkenntnis

Bei dem vielfach auch als "bestätigendes" oder "deklaratorisches Schuldanerkenntnis" bezeichneten kausalen Anerkenntnisvertrag, dessen Zulässigkeit sich aus der Vertragsfreiheit ergibt, handelt es sich um eine Regelung mit dem Ziel, ein Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen (vgl. nur Staudinger-Marburger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 781 Rn. 8 m.w.N.). Es spielt in der gerichtlichen Praxis eine große Rolle, da Parteien oftmals im Vorfeld unvorsichtigerweise sich zu schriftlichen Erklärungen haben hinreißen lassen.

Kennzeichnend für das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist, dass die Vertragschließenden miteinander für die Zukunft auf eine verlässliche Basis kommen wollen (MünchKomm-Habersack, BGB, 5. Aufl. 2009, § 781 Rn. 3). Im Unterschied zum konstitutiven Schuldanerkenntnis hebt der Vertrag den in Frage stehenden Anspruch nicht auf eine neue Anspruchsgrundlage, sondern verstärkt ihn dadurch, dass er ihn Einwänden des Anspruchsgegners entzieht (BGH NJW-RR 1988, 962). Von der Rechtssprechung ist anerkannt, dass der Wille einer Partei, eine derart weitgehende rechtliche Wirkung herbeizuführen, nur unter engen Voraussetzungen angenommen werden kann, wenn er nicht ausdrücklich erklärt worden ist (BGH NJW 2008, 3425). Die Annahme des Vorliegens eines solchen Schuldanerkenntnisses ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Beteiligten dafür unter den konkreten Umständen einen besonderen Anlass hatten (BGH NJW a.a.O.).

Dienstag, 15. Mai 2012

Flugrost bei Fiat 500

Aus einem Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 24.04.2012 (6 O 7998/11):

"Der Sachverständige hat zu Flugrost ausgeführt, dass dieser grundsätzlich bei allen Fahrzeugen ein Problem darstellen kann, bei weißen oder hellen Fahrzeugen jedoch stärker auffalle. Durch Verwendung einer Spezialpolitur konnte bei der Fahrzeugbesichtigung auch eine Reinigung eines abgeklebten Teilbereichs am streitgegenständlichen Fahrzeug vorgenommen werden, was auch die weiteren Ausführungen des Sachverständigen stützt, dass bei Flugrost lediglich ein optischer Mangel vorliegt, wobei ein "Hineinfressen" in den Lack durch die den Flugrost verursachenden Metallpartikel nicht stattfindet. Damit fehlt es aus Sicht des Gerichts bereits an einem Lackschaden, der unter die von der Beklagten gewährte Lackgarantie fallen würde. Der Sachverständige hat ferner als mögliche Ursache der Flugrosterscheinungen am streitgegenständlichen Fahrzeug den Bremsabrieb des Fahrzeugs verneint. Damit scheidet auch ein Mangelanspruch der Klägerin aus." Berichtet von Rechtsanwälten Stenz & Rogoz (Hersbruck).

Donnerstag, 3. Mai 2012

Streitwert bei Stufenklagen

Bei Stufenklagen ist hinsichtlich der Bestimmung des Gebührenstreitwerts der höhere der verbundenen Ansprüche maßgebend (§ 44 GKG). Abzustellen ist auf die Vorstellungen der Klagepartei zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (Zöller-Herget, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 3, Rn. 16, Stichwort: "Stufenklage"; Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl. 2009, § 44, Rn. 2).

Dienstag, 24. April 2012

Einrede der Unverhältnismäßigkeit nach Rücktritt

Durch den Rücktritt vom Vertrag wird dieser in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt, sodass die vom Käufer (urspr.) verlangte Nacherfüllung in Form der Nachbesserung nicht mehr möglich ist. Nach dem Rücktritt vom Vertrag war der Verkäufer somit mit der Einrede der Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen (OLG Celle, NJW-RR 2007, 353, 354).

Freitag, 13. April 2012

Gerichtlicher Vergleich mit Ratenzahlungsvereinbarung

So sieht (bis auf Ziff. 2) ein klassischer Vergleich mit Ratenzahlungsvereinbarung (vielen Dank hierfür an Rechtsanwältin Carolin Rogoz aus Hersbruck von der Kanzlei Stenz & Rogoz) aus:

1. Die Beklagte zahlt an die Klägerin xxxxxx,xx € auf die Hauptsache.
2. Die Beklagte zahlt darüberhinaus an die Klägerin weitere xxxx,xx € auf die Zinsen.
3. Der Beklagten wird nachgelassen, die vorstehenden Beträge in gleichen monatlichen Raten zu je xxx,xx €, zahlbar jeweils am 01. jeden Monats, beginnend am 01.xx.20xx, zu tilgen. Die Zahlung hat unter Angabe des Aktenzeichens XXX auf das Konto der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei der XXX zu erfolgen. Maßgeblich für die fristgerechte Zahlung der jeweiligen Rate ist der Eingang des Geldes auf vorbenanntem Konto.
4. Kommt die Beklagte mit einer Rate ganz oder teilweise länger als 10 Kalendertage in Rückstand, wird der gesamte dann noch offenstehende Restbetrag zur sofortigen Zahlung fällig und ist in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits sowie dieses Vergleiches trägt die Beklagte zu xx %, die Klägerin zu xx %.
6. Damit sind sämtliche wechselseitigen streitgegenständliche Ansprüche abgegolten und erledigt.

Donnerstag, 12. April 2012

Der PKH-Antrag (2)

Eine Beweisantizipation durch das Gericht bei der Entscheidung über den PKH-Antrag ist ausnahmsweise möglich, wenn die Gesamtwürdigung aller schon feststehenden Umstände und Indizien eine positive Beweiswürdigung zugunsten des Hilfsbedürftigen als ausgeschlossen erscheinen lässt und wenn eine vernünftige und wirtschaftlich denkende Partei, die die Kosten selbst bezahlen müsste, wegen des absehbaren Misserfolges der Beweisaufnahme von einer Prozessführung absehen würde (vgl. nur Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 114, Rn. 26 mit weiteren Nachweisen). Das ist etwa der Fall, wenn einem Schadensersatzprozess ein strafrechtliches Verfahren vorausgegangen ist. Wurde der hiesige Beklagte im Strafprozess verurteilt, müssen im Zivilprozess trotzdem die Zeugen gehört werden, falls er bestreitet (Achtung: Risiko des versuchten Prozessbetruges!). Der Zivilrichter wird trotz erforderlicher Beweisantizipation dem Beklagten i.d.R. keine PKH gewähren.

Mittwoch, 11. April 2012

Umsatzsteuerschuld des Leistungsempfängers nach § 13 b UStG

Gemäß § 13 b Abs. 2 S. 2 UStG schuldet in den in § 13 b Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG genannten Fällen der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, der Leistungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 erbringt. Gemäß Nr. 13 b.1 Abs. 14 UStAE ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er eine Freistellungsbescheinigung im Sinne von § 48 b EStG verwendet, auch wenn er tatsächlich kein bauleistender Un-ternehmer ist. Gem. § 13 b Abs. 1 entsteht die Umsatzsteuerpflicht spätestens mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats.

Donnerstag, 5. April 2012

Anforderungen an die Schlussrechnung nach § 14 VOB/B

Die Anforderungen an die Prüfbarkeit der Schlussrechnung sind in der VOB/B in § 14 Abs. 1 geregelt. Danach ist die Rechnung übersichtlich aufzustellen und die Reihenfolge der Posten einzuhalten und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen zu verwenden. Die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege sind beizufügen. Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sind in der Rechnung besonders kenntlich zu machen; sie sind auf Verlangen getrennt abzurechnen.

Der BGH konkretisiert die gesetzlichen Bestimmungen und stellt auf den Empfängerhorizont und damit auf subjektive Elemente ab. In seinem Urteil vom 22.11.2001 führt er diesbezüglich aus: Die Anforderungen an die Prüfbarkeit ergäben sich aus den Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers. Diese bestimmten und begrenzten Umfang und Differenzierung der für die Prüfung erforderlichen Angaben der Schlussrechnung. In welchem Umfang die Schlussrechnung aufgeschlüsselt werden müsse, damit der Auftraggeber in der Lage sei, sie in der gebotenen Weise zu überprüfen, sei eine Frage des Einzelfalls, die abgesehen von den Besonderheiten der Vertragsgestaltung und der Vertragsdurchführung auch von den Kenntnissen und Fähigkeiten des Auftraggebers und seiner Hilfspersonen abhänge (NZBau 2002, 90). Im Falle eines Einheitspreisvertrages sei der Werklohn auf der Grundlage der tatsächlichen Mengen nach Einheitspreisen positionsbezogen zu berechnen ist (BGH NZBau 2002, 91).

Dienstag, 3. April 2012

Dienstag, 27. März 2012

Unterlassene Sichtprüfung durch Kfz-Händler; Arglist

Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Kfz-Händler seine Gebrauchtfahrzeuge nicht ohne jegliche Kontrol-le verkaufen (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl. 2009, Rdnr. 1905 m.w.N.). Konkret hat der Händler jedes Fahrzeug einer fachmännischen äußeren Besichtigung (Sichtprüfung) zu unterziehen (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1921). Die äußere Besichtigung umfasst den gesamten optischen Bereich, d.h. die Karosserieaußenflächen, Reifen, Felgen und Fahrzeugunterseite (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1922). Auch die Bremsanlage ist zumindest einer Sichtprüfung zu unterziehen (OLG Hamm, DRR 2000, 119). Die Besichtigung hat sich auf die Fahrgastzelle, den Motorraum und den Kofferraum einschließlich Radhauswände, Feder- oder Dämpferabstützungen zu erstrecken (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1925). Der Motor ist einer bloßen Sichtprüfung mit Kennerblick und Auswertung der Fahrzeugpapiere und des allgemeinen Erfahrungswissens zu unterziehen (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1926). Zu einer sorgfältigen Gebrauchtwagenzustandsermittlung gehört auch eine Funktionsprüfung der wesentlichen Aggregate (Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 1926).
Ein Verstoß gegen diese obliegende Untersuchungspflicht als Gebrauchtwagenhändler ist zumindest dann einem arglistigen Verschweigen eines Mangels gleichzusetzen, wenn der Käufer nicht darüber aufgeklärt wird, dass der Verkäufer den verkauften Pkw allenfalls einer ganz oberflächlichen Sichtprüfung unterzogen hat, die nicht gewährleistet, dass etwaige Mängel hätten erkannt werden können (OLG Köln NJOZ 2001, 1679, 1680).

Der Beweiswert von Urkunden

Welchen Beweiswert haben Urkunden (d.h. z.B. unterschriebene Verträge, Quittungen etc.)? Diese praxisrelevante Frage hat der BGH wie folgt beantwortet (NJW-RR 1993, 1379, 1380):

"Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben sind, vollen Beweis nur dafür, daß die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind (§ 416 ZPO); dies setzt nach § 420 ZPO die Vorlage der Urschrift voraus. Diese Beweisregel erstreckt sich nicht auf den Inhalt der niedergelegten Erklärungen. Ob die in der Privaturkunde enthaltenen Angaben - auch über die Zeit der Ausstellung - zutreffen, ob insbesondere ein in der Urkunde bestätigtes Rechtsgeschäft zustande gekommen ist und welchen Inhalt es hat, unterliegt der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung (RGZ 16, RGZ Band 16 Seite 436 (RGZ Band 16 Seite 438); 31, RGZ Band 31 Seite 337 (RGZ Band 31 Seite 339); BGH, NJW 1980, NJW Jahr 1980 Seite 1047 (NJW Jahr 1980 Seite 1048) = LM § ZPO § 435 ZPO Nr. 1; NJW 1986, NJW Jahr 1986 Seite 1438 = LM § ZPO § 38 ZPO Nr. 25 = DB 1986, DB Jahr 1986 Seite 798; NJW-RR 1989, NJW-RR Jahr 1989 Seite 1323 (NJW-RR Jahr 1989 Seite 1324))."

Montag, 26. März 2012

Eigenhaftung eines GmbH-Geschäftsführers

Nach § 311 Abs. 3 S. 1 können Schuldverhältnisse mit Pflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB zwar auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei sind bzw. werden sollen. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung sowie der herrschenden Literatur, dass das allgemeine Interesse des Geschäftsführers oder Gesellschafters am Erfolg seines Unternehmens gerade keine Eigenhaftung begründet (eingehend begründet durch BGH NJW 1994, 2220, 2221; Staudinger-Otto, BGB, Neubearbeitung 2009, § 280 Rand-Nr. B8). Vielmehr müssten besondere Umstände vorliegen, da andernfalls § 13 Abs. 2 GmbHG konterkariert würde (Staudinger-Otto a.a.O.). Der Grundsatz, wonach nur mit Gesellschaftsvermögen gehaftet wird, darf nicht leichtfertig relativiert werden (Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl. 2010, § 13, RdNr. 40). Geprüft werden sollte etwa, ob ein selbständiges Garantieversprechen gegeben ist. Dies ist als Vertrag eigener Art i.S.d. § 305 BGB dadurch gekennzeichnet, dass sich der Garant verpflichtet, für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen und die Gefahr eines künftigen Schadens zu übernehmen (vgl. BGH NJW 1996, 2569, 2570 m.w.N.).

Mittwoch, 21. März 2012

Der PKH-Antrag

Viele Verfahren beginnen mit dem PKH-Antrag, der i.d.R. verbunden ist mit einem Klageentwurf. In diesen Fällen wurde der Gerichtskostenvorschuss noch nicht einbezahlt. Ich stelle den Antrag zunächst einmal - soweit schlüssig - dem Gegner zu. Dieser erhält Gelegenheit zur Stellungnahme (rechtliches Gehör). Mit Ausnahme von sehr umfangreichen Angelegenheiten räume ich nur lediglich eine Frist von 2 Wochen ein. Erst nach Eingang der Stellungnahme kommt es dann zu einer genauen Pruefung. Zuerst sehe ich mir den Klageentwurf und die gegnerische Stellungnahme unter rein rechtlichen Gesichtspunkten kritisch an. Gibt es für das Begehren eine Anspruchsgrundlage und ist eine Beweisaufnahme (Zeuge, Sachverstaendiger) notwendig, ist die erste große Hürde für die Gewährung übersprungen. Erst dann wende ich mich den wirtschaftlichen Verhältnissen zu.

Vorwort

Dies ist ein Blog, der sich an Praktiker (insb. RAe und RA-Fachangestellte) wendet. Er soll einen Einblick geben, wie Gerichte arbeiten.